Unser Bern

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Michaleo
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Re: Unser Bern

#11

Beitrag von Michaleo »

Adrenalin pur...

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vermischte sich mit Diskussionsfreudigkeit

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und Schutzdenken.

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Freundliche Grüsse L-)
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tom
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Re: Unser Bern

#12

Beitrag von tom »

Dann hast Du etwas Pech gehabt, ZH-thai-fun... Ich nehme an das was Du ansprichst war dieser Tag hier:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/w ... 09868.html

Gleich vorab und damit keine Unklarheiten aufkommen: ich habe absolut kein Verständnis für Vandalenakte und Gewalt gegenüber anderen Personen und das was damals passierte war schlicht zu viel.

Aber man muss etwas genauer hinschauen, um das ganze zu verstehen. Gerade für Aussenstehende - damit können durchaus auch Berner gemeint sein - ist es nicht immer einfach die Hintergründe zu sehen. Ich selber bezeichne mich politisch als links eingestellt und ich bin auch ab und an mal in der Berner Reitschule anzutreffen, wo sich auch (aber nicht nur) viele Linksautonome treffen. Von dem her gesehen kenne ich ein paar Leute welche zwar ganz und klar gegen die rechtsbürgerliche SVP eingestellt sind, aber keinesfalls irgendwelche Gewaltakte akzeptieren würden. Die Anti-SVP-Bewegung in der seit Jahrzehnten rot-grün-geprägten Stadt Bern ist aber sehr gross, sie bekommt natürlich bei solchen Anlässen wie dem erwähnten auch noch Unterstützung aus anderen Kantonen oder teilweise von Antifa-Bewegungen aus dem Ausland. Genau dies war der Fall, als am 6.10.2007 diese SVP-Kundgebung in der Stadt Bern angesagt war.

Nun gilt es zu beachten, dass es sich um einen Demonstrationszug anlässlich der bevorstehenden Parlamentswahlen der grössten, rechtsbürgerlichen Partei der Schweiz handelte. Und dass der Wahlkampf zuvor durch diese Partei sehr an der Grenze des Erlaubten war. Ich erinnere an die schwarzen Schafe als welche Ausländer auf Wahlplakaten dargestellt wurden oder an die Messerstecher-Plakate in welche Kosovo-Albaner generell als kriminelle Ausländer betitelt wurden. Was damals aber in den linken Kreisen das Fass zum überlaufen brachte war die Tatsache, dass die SVP das ganze als "Marsch durch Bern" betitelte. Es sollte nicht nur wie normalerweise bei Parteien üblich eine Kundgebung auf dem Bundesplatz mit Reden sein, nein, es sollte ein Marsch durch Bern - eine Machtdemonstration - werden, nach welchem man sich auf dem Bundesplatz trifft und dann weiter macht. Ausgerechnet durch das linksdominierte Bern... in welchem auch heute noch die SVP-Anliegen von mindestens 2 Drittel der Einwohner nicht gouttiert werden. Und der "Marsch von Bern" wurde damals insbesondere von linksautonomen Kreisen mit Mussolinis Marsch auf Rom im Jahr 1922 verglichen oder mit einer Demonstration der faschistischen Nationalen Front aus dem Jahr 1937. Die SVP wurde im Vorfeld mehrmals gebeten, doch auf den Marsch durch Bern zu verzichten und stattdessen nur die Kundgebung auf dem Bundesplatz abzuhalten. So wie es alle anderen Parteien auch tun würden. Aber die SVP entschied sich dazu eine Machtdemonstration an diesem Samstag durchführen zu wollen... das Ergebnis davon hast Du dann leider selber miterleben müssen.

Ich war damals an der Anti-SVP-Kundgebung auch dabei. Aber ich war nie an vorderster Front oder an irgendwelchen Gewaltakten oder an Vandalismus beteiligt. Ich verurteile solches auch heute noch aufs äusserste. Aber ich muss sagen dass dies halt auch irgendwie zu Bern gehört... Nicht alles ist gut, Gewaltakte von Linksautonomen und Beschädigungen und Vandalismus sind nicht tolerierbar. Aber es ist meiner Meinung nach richtig dass man sich als andersdenkender Einwohner der Behördenstadt Bern nicht einfach versteckt wenn einem etwas nicht passt. Man darf durchaus auch zeigen, dass Bern eine offene Stadt ist, in welcher Ausländer jeglicher Couleur willkommen sind und in welcher insbesondere politisch sehr weit rechts liegendes Gedankengut nicht einfach immer als Akt der freien Meinungsäusserung in der Hauptstadt der Schweiz zur Kenntnis genommen werden muss.

Ich habe nun etwas weit ausgeholt... sorry. Dies geschah aufgrund der Bemerkung von ZH-thai-fun und der Bilder von Michaleo von einem Samstag im März dieses Jahres, als wiederum Menschen aus der politisch sehr rechten Ecke in Bern demonstrieren wollten, was schlussendlich dann verhindert worden ist.

Gruss Tom
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Michaleo
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Re: Unser Bern

#13

Beitrag von Michaleo »

Ja, Du hast recht, Tom, dass Du den Zusammenhang herstellst.
Sie SVP selber hat ja später zugegeben, dass die Planung der Kundgebung ein Fehler gewesen sei.

Natürlich habe ich vor allem durchaus friedlichere Bilder von Bern.

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meistens wird der Zytglogge nicht bewacht,

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höchstens werden die Brunnen durch die Univerbindung der Singstudenten besungen.

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Michaleo
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Re: Unser Bern

#14

Beitrag von Michaleo »

Doch noch mal zurück zu den Uebergriffe an der SVP- Demo damals...

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und den Schutz, den die Polizei zu gewähren versuchte.

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Hier halt doch nochmals mit dem Zytglogge, teilweise verdeckt durch das Tränengas...

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Michaleo
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Re: Unser Bern

#15

Beitrag von Michaleo »

Lasst uns in Gedanken doch schönere Momente in Bern zurück holen...

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Genau, Bern war mal orange...

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...und zwar nicht wegen einem Detailhändler oder einem Medienanbieter...

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Nein, wegen den holländischen Fussballfans, hier vor der Nationalbank.

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ZH-thai-fun
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Re: Unser Bern

#16

Beitrag von ZH-thai-fun »

@tom schrieb: Ich habe nun etwas weit ausgeholt... sorry. Dies geschah aufgrund der Bemerkung von ZH-thai-fun und der Bilder von Michaleo von einem Samstag im März dieses Jahres, als wiederum Menschen aus der politisch sehr rechten Ecke in Bern demonstrieren wollten, was schlussendlich dann verhindert worden ist.
Ja @tom und @Michaelo, dass war es. Ich wusste auch erst zu Hause durch die Nachrichten wo wir da hineingeraten waren. Wir (mein Sohn mit Frau und ich) flohen damals total überrascht von einem Parkhaus im Untergrund her kommend in eine Schaufenster-Nische. Rechts in der Gasse die Polizei, links die Vermummten und hinter denen auch Polizei. Da ich ja auch mal bei dem Verein war, ich meine die Ordnungsmacht, wusste ich uns Drei zu beschützen. Aber Horror war es schon... X( Ab sofort war ich noch mehr SVP Kritiker.
Nur wer Negatives wahr'nimmt, kann auch Positive genießen.
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Michaleo
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Re: Unser Bern

#17

Beitrag von Michaleo »

ZH-thai-fun hat geschrieben: Aber Horror war es schon...
Tut mir Leid, dass dieser Vorfall Dein Bern- Bild getrübt hat.
Falls Du gelegentlich Lust hast, Bern von einer friedlicheren Seite kennen zu lernen, könnte man sicher wieder ein kleines Forentreffen in der Rathausgasse durchführen.
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ZH-thai-fun
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Re: Unser Bern

#18

Beitrag von ZH-thai-fun »

Danke ist lieb und reizt mich sehr. Und Bern ist für mich garnicht Trüb.
Aber ich war in meinem Leben nur einmal und zum letzten mal an einem wunderschönen Forentreffen in Thailand. Danach wurde ich von ein paar "Besseren" durch etliche DACH-Foren geschleift! Also besser kein Treffen mehr, denn gegen Phobien ist niemand gefeit. Obwohl nun auch Offenheit ihren Vorteil hat.
Nur wer Negatives wahr'nimmt, kann auch Positive genießen.
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Michaleo
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Re: Unser Bern

#19

Beitrag von Michaleo »

ZH-thai-fun hat geschrieben:Obwohl nun auch Offenheit ihren Vorteil hat.
Der Begriff Forentreffen trifft vielleicht das Bierchen oder der Kaffee, den wir trinken würden, und einen allfälligen Spaziergang durch die Bundesstadt nicht ganz.

Vielmehr wollte ich zum Ausdruck bringen, dass ich offen bin, Leute kennen zu lernen, die auch einen Bezug zu Thailand haben und diesen gerne ab und zu in irgendeiner Form mit jemand Anderem austauschen.

Ich fahre jeden Tag mit dem öffentlichen Lift von der Matte auf die Plattform, von wo ich zu Fuss zum Zytglogge gehe und ein Tram in das Brunnmattquartier zu erwischen versuche. Die Fahrt dauert sehr kurz, und entsprechend sind die Gespräche über das Wetter. Für ein "Morgen wollen sie es schön" oder "was bringt wohl die Aare heute noch alles" mit einem folgenden "Schönen Tag allerseits" oder sogar vertraulicher "ä Schöne no zäme" reicht es allemal, wobei ich nicht selten mit Nationalräte oder andere Würdenträger befördert werde, denn das Restaurant "Zähringer" unter dem Lift geniesst einen ausgezeichneten Ruf.

Die "Liftboys" sind pensionierte Herren im entsprechenden Alter, einige kenne ich - und sie mich - mit Namen. Nicht so einer, der, nachdem er mich mehrmals mit Tochter und Ehefrau nach oben befördert hatte, eines Tages eröffnete: "Ich habe auch eine Thai." Natürlich realisierte ich sofort, dass es sich dabei nicht um eine Grillpfanne, ein Motorrad oder einen Fernseher handelte, sondern um eine Ehefrau. Seither tauschen wir zwei uns jeweils über das Wetter in Thailand aus, und nicht jenes in Bern. Weiter ist unsere wortgeizige Unterhaltung noch nicht gediehen.

Aber: zurück zum Thema Bern.
Freundliche Grüsse L-)
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thedi
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Re: Unser Bern

#20

Beitrag von thedi »

tom hat geschrieben:...Aber es ist meiner Meinung nach richtig dass man sich als andersdenkender Einwohner der Behördenstadt Bern nicht einfach versteckt wenn einem etwas nicht passt. Man darf durchaus auch zeigen, dass Bern eine offene Stadt ist, in welcher Ausländer jeglicher Couleur willkommen sind und in welcher insbesondere politisch sehr weit rechts liegendes Gedankengut nicht einfach immer als Akt der freien Meinungsäusserung in der Hauptstadt der Schweiz zur Kenntnis genommen werden muss.
Danke Tom, für Deine Erklärungen.

Ich war 10'000 km weit weg - in Thailand - nicht nur in räumlicher Distanz weit weg. Da war im März vielleicht einmal eine Nachricht, die mir aber zwischen all den anderen Nachrichten nicht besonders aufgefallen ist. Ist etwas wie 1. Mai in Zürich - das interessiert hier auch niemand mehr.

Trotzdem ist die Sache eigentlich bedenklich bis beunruhigend. Was mich befremdet ist die Intoleranz - das sture Recht haben wollen - ideologische Scheuklappen. So wie Du es schilderst, entzündete sich alles nur an dem einen Wort: "Marsch" durch Bern. Ja das tönt unsympathisch. Aber deswegen einen eigenen "Spaziergang" - so nennen die Linksautonomen ihre Veranstaltungen doch - zu organisieren. Das zeigt für mich nur eins: Rechthaberei.

Ich würde weder an der einen noch an der anderen Veranstaltung teilnehmen. Aber: Lasst sie doch marschieren - wenn sie das glücklich macht!

---

Ich kann die Argumente von Tom gut nachempfinden und habe ein gewisses Verständnis für diese Gedankengänge. Anderseits kann ich auch die Gedankengänge der SVP-ler nachvollziehen und verstehe was sie meinen. Beide haben recht. Da ist Koexistenz nur mit gegenseitiger Toleranz und Achtung vor dem Menschen möglich. Wenn das fehlt, sehen wir bei Palästinenser und Israelis wohin das in letzter Konsequenz führen kann. Auch dort haben beide Seiten recht.

Die grösste Schweizer Errungenschaft ist der Kompromiss. Gegenseitige Achtung - auch wenn man eine Sache verschieden sieht. Wir können uns vielleicht nur darauf einigen, dass wir in einer Sache verschiedener Meinung sind - aber dann doch zusammen ein Bier trinken gehen. Wenn das verloren ginge, geht meiner Meinung nach eine der Grundlagen der Schweizer Erfolgsgeschichte und des Schweizerischen Wohlstandes Bach ab.

Vorläufig sind es kleine extreme Minderheiten die Autos anzünden. Aber das ist die Spitze eines Eisbergs. Darunter ist ein grosser Klumpen versteckt: Fussballfans, politische und religiöse Fanatiker, Atomkraftgegner, rücksichtslose Banker und Kapitalisten, radikale Tier- und Umweltschützer usw. Aus 10'000 km Distanz bekomme ich den Eindruck, dass sich ganz Europa - die Schweiz inklusive - mehr Richtung Radikalität bewegt. Das erinnert an die Zeit vor 1939. Und tatsächlich wird auch schon laut von einem Eingreifen der Nato im Ukraine-Konflikt nachgedacht. Europa ist sicherlich noch weit von 1939 entfernt - aber es geht in diese Richtung - und das missfällt mir sehr.

Statt eigene Abendspaziergänge durch Bern zu organisieren, wäre die geistige Elite in der Berner Reithalle besser beraten sich Gedanken zu machen, wie sie Deeskalation zu einer Marsch-Veranstaltung von Andersdenkenden organisieren könnten.

Im Nahen Osten haben wir nun erlebt, dass Aufrüstung, weitere Waffen und ideologische Hasspredigten keine Deeskalation gebracht haben. Weder im Irak noch in Syrien, Libanon, Israel, Lybien oder Ägypten. Vielleicht kommen Leute in der Reithalle auf bessere Ideen, als Öl in ein kleines Feuerchen zu giessen? Vielleicht könnte man sich auf der Marschroute einzeln, nach und nach, unter die Marschierer mischen, mit denen ins Gespräch kommen, vielleicht anschliessend bei einem Bier in Spunten nebenan weiter miteinander reden, ihre Argumentation anhören, darauf eingehen und dann die eigenen Ansichten zu erklären versuchen. So dass sie von Andersdenkenden zwar vielleicht nicht übernommen, aber doch wenigstens verstanden werden.

Das bräuchte allerdings viel mehr Mut und auch etwas mehr Grütz als Mülleimer umzuwerfen und Autos anzuzünden.


Mit freundlichen Grüssen

Thedi
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