Der bewegte HB-Zürich um 1990: Buchauszüge des ZH-thai.fun.

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ZH-thai-fun
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Der bewegte HB-Zürich um 1990: Buchauszüge des ZH-thai.fun.

#1

Beitrag von ZH-thai-fun »

Der bewegte HB-Zürich um 1990: Buchauszüge des thai.fun.

(1) Der bewegte HB-Zürich um 1990

Mit der Eröffnung im Juni 2014 des Bahnhofs- Löwenstrasse im HB-Zürich ist wieder eine neue Ära angebrochen. Und wie schon erwähnt, betrifft und interessiert mich dies im Besonderen! Und weil wir hier im Forum ja viel Zeit und Muße haben, will ich dies für mich und Euch nutzen und Euch das Geschehen heute und damals um 1990, hier etwas näher bringen. „Nützt nichts, Schadest nichts“ ....

Bitte nur kurze Kommentare und keine anderen langen Geschichten hier dazwischen pflanzen! Ich werde von ca. 40, immer nur 2-4 Beiträge an einem Tag einbringen. Solange nichts Gegenteiliges gewünscht wird!? In loser Satzunabhängiger- Folge setzte ich verschiedene Bilder (auch aus dem Net) und Texte aus meinem, aus persönlichen Gründen nie veröffentlichtem Buch, hier ein.

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Umschlag-Bilder meines Buches

Zuerst gehe ich auf die Ära um 1990 ein, in der der neue S-Bahnhof im Untergrund des HB-Zürichs gebaut wurde. Gegen Ende hier wird es viele Episoden und Rapport-Auszüge von tatsächlichen Geschehnissen geben, die sonst nie den Weg an die Öffentlichkeit finden.

Am 29. November 1981 wurde über den Bau einer S-Bahn im HB-Zürich abgestimmt. 1983 war der Spatenstich. Am 27. Mai 1990 wurde die S-Bahn in Betrieb genommen. In dieser Ära wurde ab 1988 erstmals eine Bewachungsfirma mit immer mehr Sicherheits- Aufgaben betreut. ...

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Eine 50 Mann starke Truppe Bewachte den Bahnhof, und als neue- Bahnpolizei die S-Bahnen. Rechts der thai.fun Max, Chef-Bahnsicherheit HB-Zürich.

Das Bahnhofs-Gebäude erbaut von Gustav Albert Wegmann, da wo einst die Dampflokomotiven und Züge in die Halle einfuhren, zum Beispiel als erstmals 1847 als die Schweizerische Nordbahn "Spanisch-Brötli-Bahn" von Zürich nach Baden als erste Bahnstrecke der Schweiz eingeweiht wurde, dass war der Hauptbahnhof Zürich

Ein Heimatschutzwürdiges Denkmal und Gebäude blieb stolz mitten in Zürich Stehen. Ich geh hier nicht näher darauf ein, da schon viel über diese Ära und Bahnhofszeit geschrieben und archiviert wurde. Im ganzen Buch widme ich mich vorwiegend meiner Dienstzeit im HB-Zürich von Ende 1989 bis Anfangs 1994!

Im Westen des HB:

Da kamen die offenen bald überdeckten Gleishallen (Gleise 3–18). Die Halle blieb als Denkmal und Gebäude stehen. Die alten Geleise in der Halle wurden zuerst einfach überdeckt. Es wurde zum Treffpunkt für Reisende, Pendler, Käffeli-Schlürfer, Bier-Schwätzer, Wein und Alk- Obdachlose, Jasser, für Intelektuelle Künstler politisch- Mitdenker und oder Geschäftsleute. Einfach ein Ort für Jung bis Alt oder Randgruppen die einen Bahnhof als Treffpunkte Raucherstube Fressbalken suchten.

Ein Aufenthalts Ort für alle die die Pinnten, Trotten Bierstuben Schnack Restaurants Kiosks und Läden und Ecken als Dauer oder Zufalls Ziel aufsuchten. Oder deren die gar nur ein warmes Plätzchen im Wartsaal oder sonst einem Loch. Oder eben für Obdachlose Clochards Alkis und für ein Publikum wie im Film "Hinter den 7 Geleisen". Auf das was im Westen schon alles geplant, durch Abstimmungen befürwortet, aber nie verwirklicht wurde, gehe ich hier schon gar nicht ein. Wie im ganzen Buch, die Politik kann mir noch heute zum After schwatzen...

Bild
16. Juni 2014 eine neue Shopping Halle mit 42 Läden etc. ist entstanden. Viel heller und offener als die vorangehenden Hallen, Eröffnet Shop-Ville 1. Oktober 1970 und Eröffnet S-Bahn 27. Mai 1990.

Im Süden das Shop-Ville ab 1968:

Der Bahnhof unter dem Bahnhofsplatz. "Während Tram und Auto über provisorische Schienen und Strassen am Rande des Bahnhofplatzes verkehrten, entstand in einer riesigen offenen Baugrube das städtische Shop-Ville. die das Aussehen des heutigen Bahnhofplatzes prägen.

Im Bereich des Hauptbahnhofs bilden Limmat und Sihl weitere Engpässe, die mit dem Auto Boom in den 1950ern/1960ern zum Verkehrskollaps führten. In dieser Zeit erwuchsen in Zürich Pläne für ein U-Bahn-System respektive die Verlegung des Trams und der Fußgänger ströme in Tieflage. Gänzlich im Sinne dieser Absichten wurde der Umbau des Bahnhofplatzes in Angriff genommen, obwohl die Stimmbürger bereits 1962 eine Tiefbahn abgelehnt haben".

Die Eröffnung des Shop-Ville fand im Oktober 1970 statt. Wow Rolltreppen in eine Laden Einkaufs Passage. Von Tram direkt runter zum Einkauf, an die Wärme, in eine Zeit die erahnen lässt wie die Zukunft des Shoppings aussieht. Fußgänger Passagen auf alle Seiten des Bahnhofplatzes. Jugend findet hier ihre Treffpunkte nach den Vertreibungen überall in Zürich.

Im Norden der Platzspitz:

In den 80ern entwickelte sich die Drogenhölle auch "Neddle-Park" genannt im Platzspitz. Das AJZ (Jugendzentrum) wurde geräumt und abgerissen, die Szene etablierte sich nun auch vom Shop-Ville und den Durchgängen im HB her auf dem Platzspitz und wich hin und im Winter und an Regentagen immer wieder ins Shop-Ville aus. Im Buch wird noch einige Male ausführlicher auf diese "Zürcher Schande" eingegangen.

Der alte Nordtrakt:

Er wurde nach einem jahrelangen Streit mit dem Heimatschutz abgerissen und ein neuer Nord-Trakt mit Sicht auf das Landesmuseum Zürich und Platzspitz als Dienstleistungsgebäude wieder errichtet. An der Süd-Fassade des Nordtrakts, rechts nach den "Bögen" von der Limmat aus gesehen, kann man den Erfolg des Millionenschweren Streits mit dem Heimatschutz zu Lasten des Bürgers, anhand einiger wieder errichteten Fassaden-Steine des alten Gebäudes ersehen.

Im Zentrum und Osten die Baustelle HB-Zürich:

Zusätzlich zu den Gleishallen (Gleise 3–18) entstand ab Ende 80ziger der Bahnhof Museumstrasse (Gleise 21–24). Es wurden die Projekte, Untertunnelung S-Bahn-Zürich nach Stadelhofen und Stettbach durch den neuen Hirschengrabentunnel in Angriff genommen. Die Verlängerung der Sihltal-Zürich-Uetliberg-Bahn der Bahnhof SZU» (Gleise 1–2) verwirklicht. Der Bahnhof Sihlpost (Gleise 51–54) wurde daneben Provisorisch erbaut. Bahn 2000 wurde realisiert! Später sollte noch ein sogenannter Bahnhof Löwenstrasse durch den Weinbergtunnel Zürich - Oerlikon realisiert werden.
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ZH-thai-fun
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(2) Der bewegte HB-Zürich um 1990: Buchauszüge des ZH-thai.f

#2

Beitrag von ZH-thai-fun »

Die verlorenen Bahnhofs Zeiten:

Die Devise heißt neu, konsumieren oder marschieren. Schlicht ÖV und Shopping! Für den Rest die es trotzdem versuchen sich wie in einem Ghetto oder eben wie früher zu bewegen wird die Bewachung da sein.
Wo soll sich dann zum Beispiel ein Penner, Obdachloser oder Verirrter noch aufhalten? In den schön gekachelten Passagen ohne Bänke? In all den ausgeleuchteten ecken? In der großen überschaubaren Halle ohne kaum eine Sitz oder Liege Möglichkeit? In all den neuen schönen Restaurants oder Cafés?
Wo soll sich der Strich oder die Prostitution in solch einem feudalen und nachts geschlossenen Bahnhof etablieren? In den Toiletten die Eintritt kosten und von Clean-Firmen betrieben werden? Auf den nun hellbeleuchteten Außen Arealen? Auf Bänken die nun so konstruiert sind dass man nicht darauf liegen kann?

Wo sollen sich Jugendliche mit und ohne Elternbegleitung oder Vereine Clubs und Gruppenreißende konsumlos frei Bewegen sowie Tollen oder Rollen können? Auf den schwarz-weiß Gekachelten Böden? Angelehnt an Marmorwände? Beobachtet von vielen Kameras Polizisten oder Sicherheits-Patrouillierenden?

Wo ist das schöne Stück Bahnhofsleben? Geht eine Geschichte zu Ende?
Viele die unsere Bewacher mit der Zeit kennengelernt haben verschwinden. Alle die Berufskleiderträger, die Unrasierten, Ungepflegten die Schwitzenden Monteure etc. werden bald nur noch mit Kleidung und Krawatte erscheinen. Die neuen Büros haben helles Licht und Klimaanlagen. Der Bahnhof wird Konsum-freundlich Die 200.000 bis 300.000 Passanten täglich sollen dies auch werden!
Auch um den Bahnhof herum wird das Leben Cleaner, Freundlicher Bequemer.

- Im Norden ist der Platzspitz "sauber".
- Im Osten gibt es keinen Männerstrich mehr unter den Bögen.
- Im Süden das Shop-Ville gesäubert umgebaut ausgebaut. Poststelle abgebaut.
- Im Westen die Geleise Überbauung-HB-Südwest, oder was auch immer entstehen.

Alle die Kneipen in am und um den HB sind verschwunden.
An der Steh-Bar konsumiert nicht mehr der Alki, sondern der Durchreisende. Bewacher und SBB-Angestellte getrauen sich kaum mehr in eine Ecke eines Cafés oder einer Kneipe, ohne vom Arbeitgeber angeschnauzt zu werden. Der Bahnhof wird clean, sauber, hell und freundlich. Ist er lebenswerter geworden? Nein nur Konsumfreundlicher!

Bild
Am ersten Tag im Normalbetrieb, habe ich dieses Foto des neu eröffneten Bahnhof Löwenstrasse gemacht.

Leben heißt Dasein, Zeit haben, Genießen. Gelebt wird wenn verschiedene Schichten sich treffen kommunizieren konsumieren. Jugend lebt wenn sie zeitgerecht radeln spielen Rollbrett-fahren herumsitzen laut-lachen stöbern oder gar versteckten spielen kann. Rentner Einsame und Gelangweilte aus den Wohnräumen locken Treffpunkte schaffen, zusammenhocken das wär in einem Bahnhof möglich! Aber wenn dies alles nicht mehr möglich ist, wo werden sich später die Vertriebenen wieder finden? An der Langstrasse? Im Letten? Auf dem leeren Platzspitz? Im Kreis "Chaib"? Wie viele von den Bewachern den SBB-Angestellten den Arbeitern und Ehemaligen aus dem "alten Bahnhof" werden einmal sagen, wir haben damals den Bahnhof noch erlebt und gelebt. Heute ist er nur noch belebt!"

Dieses Buch enthält ein Stück unwiederbringliche Zeitgeschichte.

Der Anfang vom Ende einer Zeitepoche wie der Film "Hinter den sieben Geleisen" es mal vorlebte? In der gleichen Phase wandelt sich der Clochard zum Penner, der Kneipenwirt zum Gastronom, der Stumpen-Raucher zum Fixer, der Alkoholiker zum Obdachlosen, der Kohlen-Schaufler zum Lockführer, der Elektriker zum Anlagetechniker, der Konduktors zum Patrouillier und aus dem Bewacher wird der Bahn-Polizist und der ÜWZ-Sicherheitsbeamte wird zum ALPP, Anlagen Laden und Passanten-Pfleger!?

Die gewonnenen Bahnhofs- Zeiten nach 1993:

Bauen erneuern modernisieren wird noch Jahre ein Markenzeichen des Bahnhof Zürichs bleiben. In und um den Bahnhof herum wird gebaut. Bewusst, um den Passanten mehr Dienstleistung und Sicherheit zu gewähren. Unbewusst, um das "Leben" im Bahnhof zu verändern.

Wer weiß schon was sich in den letzten Jahren im Bahnhof während des Umbaus alles etabliert hat, von denen die alle wieder gehen müssen. Handwerker, Architekten, Lieferanten der Baustellen,
ganze Baufirmen und Randgruppen, die direkt oder indirekt von den Baustellen profitiert haben.

Ganze 7jahre hat sich der Neubau Seite Landesmuseum verzö¬gert weil sich der Heimatschutz quer gestellt hat. Die Kosten dieser Verzögerungen gehen in die Millionen. Das heißt der Bürger zahlt nun die wenigen Auflagen welche noch heimatge¬recht durchgesetzt werden konnten mit einigen Millionen Steuerfranken!

Wegen dieser Verzögerung betrieb unsere SBB-Bewachung auch ein Container-Provisorium im staubigen Untergrund des Bahnhofes. Die gesamte Anlieferung, welche über die alte provisorische Zollbrücke geschehen musste, ist auch nur eine »Übergangslösung". Diese Brücke muss von der SBB teuer gemietet werden. Im Bahnhof selbst mussten zwei Gebäude provisorisch erstellt werden und stehen mitten in der Halle vor und über den Geleisen, nun zum Abriss bereit.

Dem einen zum Schaden, dem anderen zum Nutzen. Unsere Bewachungsfirma jedenfalls hat auch davon profitiert. Denn sobald das neue Gebäude fertig ist wird eine Bewachungsfirma und das Personal der SBB in eine schöne neue hochmoderne Zentrale einziehen. Die Bewacher der S-Bahn damals wurden aufgesplittert und heißen heute, „vereidigt Bahn-Polizei“ und Securitrans für den ÖV.

Bild
Links unten die S-Bahn um 1990. Rot der Neue Unterirdische Bahnhof Löwenstrasse seit 1914.

Die Technik birgt viele Aufgaben, die während der Bauzeit nur manuell überwacht werden konnte. Aufatmen wird vor allem die Kantonspolizei die bis anhin in ihrem Provisorium richtig eingeklemmt war. Aber auch nur alle SBB-Beamten und Angestellten die in den Provisorien gearbeitet haben, wissen von dem Dreck, Eisenstaubs, den schlechten Licht und Klimaverhältnissen in diesen zum Teil sehr schmuddeligen Räumlichkeiten.

Viele Jahre haben diese Leute in schlechten Arbeitsverhältnissen gelebt, gearbeitet und gewirkt.

Es waren düstere Zeiten. Wenn nun mit den Neubauten diese düsteren Zeiten zu Ende gehen, werden auch einige düstere Gestalten im Bahnhof keine Zukunft mehr haben. Je sauberer, heller, freundlicher (Schwarz-Weiß?) der Hauptbahnhof wird, desto weniger fühlen sich Randgruppen wohl und werden auch nicht mehr geduldet.
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ZH-thai-fun
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(3) Der bewegte HB-Zürich um 1990: Buchauszüge des ZH-thai.f

#3

Beitrag von ZH-thai-fun »

Im Moment denke ich mal folgende Auszüge des Kapitels „Sicherheitslinien und Technik“ aus meinem Buch könnte Interessieren!? Vieles gilt nun auch für den Neuen HB-Löwenstrasse, einfach mit 95% weniger Vorfällen als zu der Zeit um 1990

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Ein Bild von einer unserer Kampfübung nach Mitternacht 1992, 1 zu 1 im S-Bahn Objekt. Unser bezahlter Lehrer war ein berühmter Kampfsport-Meister.

1. Mit Ruhe Zeit und Konsequenz:

Drogen Alkohol und Penner Probleme lösen, war die Hauptaufgabe unserer Bewachungs-Firma im HB-Zürich und es war die schlimmste Zeit um 1990 - ca. 1994 die Sicherheitsbeamte je an einem Punkt der Schweiz in so massiver Form und Zentral vorfanden und lösen mussten.

Ausweisen, weiterleiten und Personensicherheit im HB war das Prozedere das geübt sein musste! Und so kam es auch bei mir als Chef zu einem Erfahrung Leit-Satz an die Mannschaft, Mit Ruhe Zeit und Konsequenz, der eine Leitlinie im Ausweisen und angehen von Delinquenten zum Symbol und später zum "Markenzeichen unserer Mannschaft im HB wurde. Vor allem ließen sich diese drei Worte an vielen Problemfällen immer wieder anwenden.

Ich möchte an einem Beispiel aufzeigen wie dieser Leitsatz „Mit Ruhe Zeit und Konsequenz“ gemeint war.

- Ein Musiker: Er spielt schon während einer Stunde unerlaubt auf seiner Geige in einer Passage des Hauptbahnhofes. Darum herum stehen viele Passanten. Der Mann muss auf Anordnung eines SBB-Beamten hin ausgewiesen werden. Man kann nun hin gehen, den Musiker packen und rauswerfen. Oder man kann wie ich es verlangte, dem Musikus in "Ruhe" sagen, spiel noch ein Lied ich geb dir die "Zeit" aber in drei Minuten komme ich "Konsequent" wieder und werde dich dann hinaus führen.

Dies gibt dem Musiker die Gelegenheit sein Stück fertig zu spielen, ein paar Franken einzuziehen und in "Ruhe" zu verschwinden, ohne dass sein Adrenalin-Spiegel in die Höhe schnellt und er sich unnötig vor den Passanten ärgern oder blamieren muss.

Genau so war es auch bei der Fixerin die irgendwo im Bahnhof eine ruhige Ecke suchte um sich die Spritze zu setzen. Ihr Körper war übersät von Einstichstellen und Ekzemen. Die Slips unten, den Rock oben, suchte sie in der Schamgegend nach einer Einstichmöglichkeit in dem Augenblick als ein Bewacher auftaucht. Nun unser Motto war, sage in "Ruhe" spritze fertig. Gib ihr "Zeit" sei aber "Konsequent" lass sie aufräumen und begleite die Fixerin aus dem Bahnhof und warne sie vor dem wiedersehen in dem selbigen.

Bild
Beispiel eines von Bewachern angetroffenen Problems das es zu lösen galt indem man die „Drögeler“ weg wies...

Unzählige Male haben wir durch dieses Vorgehen menschlich und auch nützlich gehandelt ohne dass es Krach gab. Unsere Aufgabe war ja ungebetene des Bahnhofes zu verweisen und nicht diese raus zu prügeln.

In täglich bis zu zwanzig solchen Situationen haben wir x-tausende von solchen Fällen auf ruhige unauffällige weise erledigt. Meine Meinung war und ist es noch heute, eine Bewachung ist keine Polizei. Die Aufgaben der Bewacher soll klar mehr in Richtung Technik und Aufsicht gehen und nicht ins überführen von möglichen Delinquenten. Dies soll die Polizei tun.

2. Wächter Dienste und Aufgaben:

Nachstehend in Kurzform eine Aufzählung der vielen Aufgaben welche durch unsere HB-Mannschaft erledigt werden sollten. Mit dem Umbau des Hauptbahnhofes mehrten sich diese Aufgaben laufend. Für das bessere Verständnis der nachfolgenden Kapitel ist es notwendig das Pflichtenheft das ich nach und nach erstellte einigermaßen zu kennen.

- Gute Ortskenntnisse der Galerien Kabelschächten Nischen Brandmelder in Hohlböden Feuerlöschposten Dienstleistungsbetriebe der Bahn und privat Geschäfte überall im Hauptbahnhof.
- Bahnhofs-Schließung und Öffnung sowie diverse Überwachungs-Kontrollgänge.
- Kenntnisse der ersten Sofortmaßnahmen bei Feuer Unfällen und Überfällen.
- Störungen an Liften und Rolltreppen Klima-Anlagen Pumpen beheben.
- Liftbefreiungen, erste Hilfe, einweisen von Sanität Feuerwehr und Notarzt.
- Evakuieren von Räumen Bereichen und Schließen der Brandschutz-Tore.
- Kenntnisse der Sofortmaßnahmen bei Halon-Gas- und Hoch¬wasser-Alarm.
- Erkunden der Fehl/Alarm. Rückstellung der Klima- Lüftungs-Anlagen nach Brand-Alarm, bedienen von Rauchgasanlagen in Tunnel in Schlüsseltresoren.
- Verhalten bei Alarmen in Ladengeschäften.


3. Überwachungszentrale (ÜWZ): Dienste und Aufgaben:

- ÜWZ-Zentralen-Führung mit ca. 300 Aufschaltungen des Gesamt-Alarmwesen.
- Video Überwachung von 30 kamerastandorten SBB.
- Aufbieten von Feuerwehr Löschzug Sanität Reinigungen und vielem mehr.
- Weiterleitung sämtlicher Störungen an Pikett-SBB oder Fremdmonteure.
- Bedienen von diversen Computern Telefonen Funkgeräten Gegensprechanlagen.
- Zurecht und ausweisen von Renitenten Pennern Drögelern Alkoholikern.
- Zusammenarbeit mit Polizei bei Unfällen Diebstählen Verwirrten Personen.
- Sicherheit von ca. 300.000 Passanten täglich im Personenbereich garantieren.
- Überwachung von Parkplätzen Baustellen Barrieren rund um und am Bahnhof.
- Überwachung und Organisation der Bau und Lieferanten-Anlieferung etc.

4. Auszüge aus einer Ereignisliste vom Jahr 1992:

- Ausweisen von Fixern, Pennern, Alkis ohne Gewalt, 6775-mal.
- Schlichten von Schlägereien, Handgreiflichkeiten, 62-mal.
- Ausweisen von Pennern etc. aus leeren Zügen, 416-mal.
- Erkundungen b. Stör/Brandmeldungen und Notruf, 2803-mal.
- Ernstfall-Einsätze bei Brand, Notrufen, Verletzten, 598-mal.
- Überweisen v. Tätern und anfordern Kantonspolizei, 442-mal.
- Sicherheits-Begleitung SBB, Banken, Ladenpersonal, 702-mal.
- Übrige rapportierte Fälle von Hilfeleistungen, 2668-mal.

Eine Vielzahl übriger Arbeiten und Ereignisse wurden nicht rapportiert. Diese gehören aber dazu wie der Schaum zum Bier, um die Wirklichkeit des Bahnhofsleben aufzuzeigen.

Tägliche Fortsetzungen...
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ZH-thai-fun
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(4) Der bewegte HB-Zürich um 1990: Buchauszüge des ZH-thai.f

#4

Beitrag von ZH-thai-fun »

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Der neue Bahnhofs-Anschluss vom Westen her, geschah durch „die längste Brück der Schweiz“ im Vorschub System über alle Geleise hinweg.

Die Unerwünschten auch im Platzspitz:

Im 1990 gab es in der Haupthalle noch verschiedene "Kneipen". Diese zogen viele Penner und Alkis an die sich fast rund um die Uhr im Bahnhof aufhielten. Ich musste anfangs öfters erleben wie einige unserer Leute untertags mit diesen Alkis an der steh-Bar munter mit soffen. Bei der Bahnhofs Schließung mussten unsere Wächter dann ihre Saufkumpane mit Gewalt aus dem Bahnhof werfen. Zu dieser Zeit bedeutete die Umgebung des Hauptbahnhofes ein riesiges Problem.

1990 gab es auch den Platzspitz zu seiner "besten Zeit" in den Weltweiten Medien "Needle-Park" genannt, mit bis zu 4000 Drogenkonsumenten täglich. Gleichzeitig florierte das "alte Shop-Ville" mit unglaublich vielen Alkis Pennern Drögelern und Bettlern etc. Dieser Teil des alten Bahnhofs hatte mit unserem Auftrag von der SBB wenig zu tun, weil Stadt-Gebiet. Jedoch von diesen beiden Seiten schoben sich die Probleme in unseren Bereich. Von unserer warte aus gab es nur zwei Varianten, entweder wurden die ungebetenen Gäste den Nachbarn Shop-Ville oder Platzspitz mit Verwarnungen zugeschoben.

Bild
Ein Bild aus der Zeit als der „Needle-Park, die Drogenhölle“ wie sie in Medien genannt wurde noch x-mal von der Stadt- oder Kantons-Polizei kontrolliert wurde, ohne Möglichkeit der Politischen Rechtlichen Unterstützung

Es galt nun sofort Dienstregeln zu erarbeiten die mit solchen Unmöglichkeiten Schluss machten. Man musste Vorgehens- und Verhaltens-Regeln festlegen. Dazu gehörten natürlich auch endlich einheitliche Uniformen unserer Wächter. Bis jetzt war die Präsenz der uniformen verheerend. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer gelang es mir innert sage und schreibe 6monaten eine einheitliche und einigermaßen respektable Uniform einzuführen. Auf die nervenaufreibenden Bittstellungen gegenüber der Geschäftsleitung bin ich vorstehend schon eingegangen. Vorweg genommen, meine 3-Herzattacken in dieser Firma waren später waren nicht nur die Folge vom vielen rauchen Kaffee trinken oder Überstunden!

Mit den neuen Regeln, Uniformen und der einigermaßen ausgemisteten und von mir ausgestockten Mannschaft kam das ganze Auftragsvolumen nach einem halben Jahr langsam aber sicher zum Tragen. Und siehe da! Plötzlich gab es Ladenpersonal und SBB-Angestellte die uns Uniformierten sogar begrüßten. Unser direkter Vorgesetzter seitens der SBB ließ sich nun auch hie und da in unserer ÜWZ-Zentrale blicken. Nicht mehr nur um z.B. Schubladen nach verborgenen Sexheftchen abzusuchen. Nachdem er mehr Vertrauen zu mir bekam, entpuppte er sich als integere und gradlinige Amtsperson. Er gab sehr hilfsreiche und vor allem brauchbare Weisungen heraus. Endlich hatte ich jemanden der mir kompetent antwortete und den Auftrag formulieren konnte.

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Richtung Osten entstand der Anschluss des neuen Bahnhofs mit der „Durchmesserlinie“ im Untergrund unter dem Fluss Limmat durch, Richtung Oerlikon.

Eines der größten Probleme dass ich fortlaufend bewältigen musste war, neue Leute einzustellen um die bestehende Mannschaft auszusieben und den auch laufend wachsenden Anforderungen anzupassen. Ich schuf nun auch eigenhändig einen Instrukteur.

Aufgaben kennen:

Die Auftragserfüllung unserer Bewacher heißt aber auch die immense Technik des Bahnhofs Zürich zu kennen und beherrschen. Wie anfangs in der Ereignisliste erwähnt, hatten die Bewacher täglich ein bis zwei Brand-Meldungen zu erkunden. Gerade während der Bautätigkeit waren Fehlalarme an der Tagesordnung. Aber auch Ernstfälle waren zu oft zu vermelden.

Innert 3-jahre hatten wir 11 Ernstfall-Einsätze. Bei 3 - 4 Fällen vermutete man Brandstiftung. Der oder die Täter wurden meines Wissens nie gefunden. Zu den größeren Einsätzen gehörte der Zugs-Brand im Bahnhof Stadelhofen. In 7-Fällen wurden die Brände durch unsere Bewacher selbst gelöscht. Ebenfalls rennen hieß es bei täglich bis zu 7-Lift¬-Störungen und die damit verbundenen Personen-Befreiungen. Dazu kommen fast unzählige Rolltreppen-Unterbrüche die vor allem in der Bauphase auftraten. Diese Manipulationen sowohl an den Liften wie an den Rolltreppen mussten von unseren Leuten einwandfrei beherrscht werden.

Nur Insider wissen auch, um die unterirdischen Riesenanlagen die der Bahnhof braucht. Dies sind unter anderem Lüftung Klima und Heizanlagen. Dazu kommen mehrere Wasserpumpstationen. Diese sind daher sehr wichtig weil ein großer Teil des Hauptbahnhofes unter dem Wasserspiegel der Limmat und der Sihl liegt. Von klemmenden Ladentüren über beleuchtungs-Probleme bis zur Sprinkleranlage musste der Bewacher Bescheid wissen.

Von den allgemeinen Rundgängen und Bahnhof Schließungen um 01.oo Uhr bis zum kennen der allgemeinen Zugsabwicklungen im Bahnhof war es ebenso selbstverständlich dass der Bewacher überall präsent war und seine Augen und Ohren offen hatte. Jeder Laden im neuen Shop-Ville besaß eine Notfallnummer auf die ÜWZ-Zentrale. Rund um die Uhr (auch Samstag und Sonntag) war diese durch Leute unserer Mannschaft besetzt. Bei Bedarf konn¬ten von hier aus die Bewacher per Funk eingesetzt werden. Meist waren es Ladendiebe Renitente oder irgendwie berauschte Personen die entfernt oder der Polizei übergeben wurden.

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Ein Novum sind die neuen Lifte des Bahnhofs Löwenstrasse.
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#5

Beitrag von ZH-thai-fun »

Fortsetzung „Sicherheit und Technik“: Anhand des Beispiels "Rolltreppe", möchte ich ein Teil von dieser HB-Sicherheits-Kette aufzeigen...

Die Rolltreppe:

In der heutigen Zeit ist Sicherheit meistens mit Technik verbunden. Dabei denkt der Bürger sofort an Alarm-Anlagen und Videoüberwachungen. Bedingt durch die Möglichkeit der Wahrnehmung, akustisch und optisch, also hörbar und sichtbar. Aber es sind vor allem die Unsichtbaren Einrichtungen die Wichtig sind.

Nehmen wir an, sie stehen auf einer Rolltreppe im Bahnhof Zürich. Sie sehen wahrscheinlich die Kamera und den Not-Halt, wenn sie an Sicherheit denken. Dies ist aber nur das Ende einer langen Kette von Sicherheits-Vorkehrungen, die nach Vorschrift und Erfahrung gemacht wurden.

Bild
Als Beispiel-Bild: Habe ich am 16.06.2014 selber aufgenommen. Wird aber sicher noch wie Früher in einer Sicherheits-Zentrale per Elektronick und Kameras, im schlimmsten Fall per Sicherheits-Leute vor Ort überwacht!

Schon der Architekt welcher einen Bau plant befasst sich mit der Sicherheit dieses Rolltreppen-Abschnittes. Fluchtwege, Evakuierungs-Räume, Beleuchtung und vor allem Passanten-aufkommen. Ab und Zufluss von Passanten-Strömungen müssen vorher berechenbar sein. Auf Grund dieser Kriterien wird der Architekt den Rolltreppen-Typ aussuchen. Schnelligkeit, stufen-abstand, breite und vieles mehr gehört zur Sicherheit.

Der Rolltreppen Hersteller wird ebenso mit vielen Sicherheitsvorschriften konfrontiert. Was für ein Leitsystem wir angeschlossen? Wie schnell darf die Treppe bei einem Not-Halt stoppen?
Stellen sie sich vor was passiert wenn die Rolltreppe unverhofft stoppt. Unfälle und Stürze von Passanten wären vorprogrammiert.

Feuersicher:

Dass heißt auch viel Vorschriften einzuhalten. Denken sie an den Rolltreppenbrand in der Londoner U-Bahn! Papier und anderes brennbares Material welches auf einer Rolltreppe liegen bleibt, muss sich so sammeln, dass es durch eine glühende Zigarette nicht entzündet werden kann. Der Fachmann könnte gewiss noch viel an Sicherheits-Vorkehrungen zur Rolltreppe hinzufügen.

Damit ist aber das Thema Rolltreppe noch lange nicht abgeschlossen. Nun kommen die SBB und die Bewachung ins Spiel. Die SBB bestimmt das Überwachungssystem. Eine Videoüberwachung und ein sehr teures Leitsystem muss zusätzlich angeschafft werden.

Wer macht die Erkundung im Störfall? Im Hauptbahnhof Zürich wurde diese Aufgaben unserer Bewachung übertragen. Dies funktioniert wie folgt.

Das Leitsystem zeichnet alle Bewegungen der Rolltreppe auf einem Computer in der Überwachungs-Zentrale auf. Diese ist rund um die Uhr mit 1-2 Mann besetzt. Wird beispielsweise ein Not-Halt der Treppe getätigt, erhält der Bewacher ein Signal. Nun muss er sofort auf dem Bildschirm die betreffende Rolltreppe sichtbar machen und die Ursache sowie Umgebung absuchen!

Unmittelbar danach schickt er per Funk immer 2-Mann auf Erkundigung. 2-Mann ist Vorschrift und gehört ins Sicherheits-Konzept. Auf dem Computer kann der Bewacher genau sehen was die Rolltreppe macht, oder in welcher Position sie steht.

Vorschriftshalber darf die Treppe nur vor Ort wieder gestartet werden.
Bei oder mit einer aufwendigen Videoüberwachung könnte dies ebenso gut von der Zentrale aus geschehen.

Es geht aber noch weiter mit dem Beispiel Rolltreppen-Sicherheit.

Der Bewacher in der Zentrale hat mehrere Vorschriften darüber was in einem Ernstfall zu tun ist. Brennt zum Beispiel ein Zug auf dem S-Bahn-Perron 22/23 im Untergrund, so müssen alle Rolltreppen in diesem Abschnitt stillgelegt werden damit genügend Fluchtwege offen bleiben. Eine Panik auf einer laufenden Rolltreppe wäre sehr fatal. Zudem kann man zu Fuß Rolltreppen schneller begehen.

Man stelle sich in solch einem Ernstfall vor, auf dem Nebengeleise trifft eine Doppelstock-Komposition ein. Innert wenigen Sekunden könnten 500 bis 1000 Personen zusätzlich fliehen wollen.

Ich hoffe nun anhand des Beispiels mit der Darstellungen Rolltreppen und Sicherheit den Einstieg in das Kapitel Sicherheit und Technik gemacht zu haben. Dieses Beispiel lässt sich an unzähligen Orten und Geräten wie Lifte, Passagen, Löschposten, Sprinkleranlagen und Brandschutz und deren Tore etc. Wiederholen. Hinter all diesen Beispielen und noch vielen anderen mehr steht eine Kette von Sicherheits-Vor¬schriften und Sicherheits-Vorkehrungen.

Brandschutze:

Über Brandschutz und Brandverhütung gibt es genügend Bücher. Ich möchte hier nur im speziellen auf die Bewachung und ihre Aufgaben in Sachen Brandtechnik, deren Kontrollen und Ernstfall-Vorschriften eingehen. Auch hier gibt es offen ersichtliche Sachen und daneben die versteckte Technik.

Beim Brandschutz muss genau so bedient, kontrolliert und im Alarmfall erkundet werden, so wie bei der vor¬her beschriebenen Rolltreppe.
Auch in diesem Fall gelangen die Alarmmeldungen via Leitsystem auf den Bildschirm in unsere Zentrale. Jeder Raum ist auf dem Bildschirm in Grafik zu erkennen, wenn ein Brandmelder Rauch schmeckt, eine Erdgasleitung (auch im HB vorhanden) leck wird, eine Sprinkleranlage losgeht, etc. Auf dem Computer kann sofort eine Ernstfall Checkliste ausgedruckt werden. Anhand dieser führt der Bewacher die notwendigen Weisungen, in der Zentrale selber, und durch Andere vor Ort aus.

Im Bahnhof gibt es an verschiedenen Punkten so genannte Brandkästen (FSG = Fern-Signal-Geber). In diesen FSG's kann der Bewacher oder Feuerwehrmann der auf Erkundung zuerst zu solch einem Kasten rennt und kommt ebenfalls ablesen, wo es brennt. Der Bewacher muss innert 3minuten an diesem Kasten den Alarm quittieren, ansonsten dieser automatisch an die Feuerwehr weiter geht. Im FSG liegen auch genaue Pläne über die zu erkundenden Räume vor.

Ebenfalls im FSG können bei bedarf die Branderkundungs- Schlüssel ausgelöst werden. Anhand der Pläne und der beiliegenden Checkliste wird der Bewacher vor Ort erste Maßnahmen treffen.

Ein neu einzuführender Bewacher braucht 5 - 7 Monate bis er alle Brandvorschriften, Brandmelde-Orte und die Sprinkler-Räume perfekt kennt. Hunderte von Brandmeldern, für den Laien oft an Decken sichtbar, sind im Bahnhof aber auch in Hohlböden, Deckenverkleidungen, Nischen und manchmal an nur mit Spezial¬-Schlüsseln zugänglichen Orten angebracht. Im Alarmfall "muss" dieser Melder gefunden werden.

Stellen sie sich vor in einem Ladengeschäft schlägt eine Putzfrau mit ihrem Besenstiel ein Sprinkler- Alarmglas an der Decke kaputt. Durch den Druckabfall in der Leitung wird sofort ein Alarm ausgelöst. In der Minute fließen nun bis zu 200 Liter Wasser auf den Boden und in die Auslagen.
Findet der Bewacher nicht sofort den betroffenen Raum und das richtige Schieber-Rad um die Leitung zu schließen, könnte der Schaden enorm groß werden.

Bild
Der neue Untergrund Bahnhof Löwenstrasse, auch ein Bild von mir am 16.06.2014 aufgenommen.

Auf den Perrons (damals 21 bis 24) im Untergrund der S-Bahn wurden mehrere Feuerwehrkästen mit Schläuchen und Handfeuerlöschern montiert. Absolut wichtig wird es gerade hier, wie ein Bewacher instruiert ist und wie er im Brand-Alarm-Fall reagiert. Stellen sie sich einmal vor er nimmt einen Wasserschlauch und spritzt auf einen brennenden Zug ohne daran zu denken dass in der Fahrleitung x-tausend Volt Spannung zu seinem sofortigen Tod führen könnte!

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ZH-thai-fun
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(6) Der bewegte HB-Zürich um 1990: Buchauszüge des ZH-thai.f

#6

Beitrag von ZH-thai-fun »

Bild
Die Presse war (leider) unseren Leuten oft auf den Fusse.... mir den Chef vorne im Bild sowieso

Was es heißt Vorschriften nicht einzuhalten zeigt folgendes Ereignis im Jahre 1990:

Unaufmerksam im Brandfall:

Ein Polizist in Zivil gibt per Telefon in die Überwachungszentrale bekannt, dass aus dem Keller des Restaurants Au-Premier Rauch komme. Seine Position sei unter den Bögen Nordseite Limmat des Bahnhofs. Sofort werden vom Zentralen-Führer zwei Bewacher in den Keller unter diesem Restaurant geschickt und gleichzeitig die Feuerwehr aufgeboten. Per Funk melden die Bewacher sie könnten wohl massiven Rauch feststellen aber die Türen hier in dem Labyrinth des Untergrunds unter dem au-Premier nicht öffnen.

Fast gleichzeitig meldet ein Bewacher vom Erdgeschoss aus, die Feuerwehr sei nun hier und steige von der Seite Limmat in den Keller. Mit Rotweiß Absperrband wird er diesen Ort für Passanten unzugänglich machen. Polizei und Leiter-Sicherheit der SBB werden aufgeboten.
Verzweifelt melden die zwei Bewacher aus dem Keller, sie sähen das Feuer im hintersten Lagerraum, könnten jedoch mit keinem der Erkundung-Schlüssel die Türen davor öffnen. Die Feuerwehr wartet auf die richtigen Schlüssel!

So geht das ca. 5minuten hin und her. Wo ist der passende Schlüssel? Plötzlich kommt dem Zentralen-Führer in den Sinn, dass er ja die entsprechende Checkliste vergessen hat. Er nimmt diese und liest darauf "bei Brand-Alarm-Fall im Keller unter dem au-Premier muss sofort beim dienst-habenden Chef des au-Premier ein Schlüsselbund abgeholt werden, und erst dann ist in den Keller zu diesen Räume vordringen"! Er meldet dies nun den beiden Bewachern im Keller. Diese melden ihrerseits zurück, "die Feuerwehr hat sich in der Zwischenzeit mit Trennscheiben Zugang zur Brandstelle verschafft. Drei Türen wurden aufgebrochen. Der Brand wird jetzt gerade ge¬löscht"!

Man sieht hier wie wichtig es für den Zentralen-Führer ist, genau zu wissen was im Ernstfall zu machen ist. Dazu gehören die Kenntnisse sämtlicher Weisungen und damit verbunden das Wissen was in welchem Fall wichtig und wo zu finden ist. Es ist absolut unumgänglich dass ein Zentralen-Führer den Hauptbahnhof in und auswendig wie seine Hosentasche kennt. Er sollte fähig sein, jede Position in seinem Hirn auch imaginär-Bildlich abzurufen. Nur so kann er auch richtig mit den richtigen Weißungen entscheiden.

Bild
Ein Plan (etwas Laienhaft) der die Untertunnellungen unter dem HB, den 2 Flüssen und dem Zürichberg zeigt.

Beispiel Großbrand:

Nun gehen wir zum Großbrand über. In diesen Fällen würden auch die Brandschutz-Tore zum Einsatz kommen. Der gesamte Bahnhof ist in sogenannte Brandschutz-Zonen auf¬geteilt. Man kann diese Zonen auch Evakuierungs-Räume nennen. Wiederum sind es Pläne und Checklisten die vorgeben was zu tun ist.

In so einem Ernstfall "Großbrand" sind nun alle gefordert, Bewacher, Feuerwehren, Sanität und etwelche Leute im Bahnhof. Zentralstellwerk und Betriebsleitzentralen die außerhalb des Bahnhofs liegen, werden dazu geschaltet. Wo genau brennt es? Welche Räume müssen evakuiert werden? Welche Geleisestrecken müssen blockiert und oder geerdet werden? Welche Züge müssen gestoppt und oder umgeleitet werden? Wohin dürfen die Passanten fliehen? usw. usw.

Ganz sicher können in so einem Ernstfall nicht nur die vor¬handenen Vorschriften Leben retten. Nein, es braucht dann die Erfahrung und Ausbildung aller. Vor allem aber den gesunden Menschenverstand und sachliche nicht "überhitzte" Unbedachtheit. X-Mal geübte Fälle sehen plötzlich ganz anders aus. Nur die Zusammenarbeit aller kann in solchen Situationen zum Erfolg führen.

Es gibt sogar Vorschriften die meiner Meinung nach, bei einem Ernstfall nicht einzuhalten sind!

Nehmen wir die Checkliste über alle Laden-Mieter und aller deren gelisteten Angestellten der Läden und Büros etc. im Hauptbahnhof. Im Ernstfall müssten sich diese Leute alle an einem Treffpunkt beim Landesmuseum oben treffen, damit ein Bewacher von uns jeden einzelnen abrufen kann. Anschließend müsste er der Feuerwehr Meldung machen, von welchem Laden noch Leute fehlen, damit diese sofort nachsehen können, warum diese Personen nicht zum Evakuierungs-Ort gekommen sind.

Es ist nun wieder "meiner Meinung nach" unmöglich diese Liste so aktuell zu halten, wegen der Fluktuation der Angestellten die sich ja täglich, wenn nicht stündlich ändern kann. Man suchte z.B. den "Huber" dem gestern fristlos gekündigt wurde!

Bild
So sieht eine Baustelle (Bahnhof-Löwenstrasse) im Untergrund aus, die auch Tag und Nacht überwacht werden muss.

Die wichtigen Kleinigkeiten:

In den Galerien über den Geleisen 21- 24 gibt es eine Unmenge an Technik. Auch hier ist der Bewacher sehr gefordert. Er muss jeden Punkt in diesen Galerien und Notausgängen kennen. Zum Teil sind diese nur kriechend zu erreichen. Kaum einem Passanten weiß dass über ihm beispielsweise eine Heißwasser-Leitung bersten könnte. Jedoch der Bewacher muss wissen wo sich in einem solchen Fall der entsprechende Wasserschieber befindet.

Es gibt Räume im Bahnhof die mit einer automatischen Lösch-Anlage ausgerüstet sind. Dies sind die so genannten Halon-Gas-Räume in welchen vorwiegend lebensnotwendige Hochspannungs- und EDV-Anlagen installiert sind. Das Halon-Gas hat die Eigenschaft Sauerstoff zu eliminieren. Somit kann ein Feuer oder Kabelbrand mit Halon erstickt wer¬den. Denn ohne Sauerstoff, kein Feuer! Jedoch ohne Sauerstoff kann auch der Bewacher nicht leben. Daher existieren für diese Löschanlagen ganz spezielle Vorschriften, die der Bewacher unbedingt beherrschen muss.

Nach jedem Brandalarm, auch bei Fehlalarm, werden in den Maschinenräumen der Klimazentralen Luftklappen geschlossen. Mittels dieser Klappen wird erreicht dass kein Rauch in die Klimatisierten Räume eingeblasen wird. Im Anschluss an jeden Alarm müssen diese Umschaltungen an den entsprechenden Klimaschränken wieder rückgestellt werden. Auf den Bahnhof sind 8 solcher Kästen verteilt.

Genau so werden auch Lifte und Rolltreppen bei Brand-Alarmen stillgelegt und müssen wieder vor Ort in Betrieb genommen werden.

Zur Technik gehören auch die 8 Monitoren in der Überwachungszentrale. Von ca. 30kameras werden in Intervallen verschiedene Bilder übermittelt. Die Aufgabe des Bewachers in der Zentrale ist es diese Vielzahl von abwechselnden Bildern richtig zu interpretieren. Wer glaubt man schaue dauernd auf die Passanten irrt sich. Vor¬wiegend sind diese Kameras auf gefährliche Räume, Passagen, Rolltreppen, Lifte oder Perrons gerichtet. Bei einem Alarm ist es dem Zentralen-Führer möglich, sich auch ein Bild der Situation vor Ort zu machen.

Bild
Die neuen Perrons Bahnhof Löwenstrasse als Beispiel-Bild. Aufgenommen bei Eröffnung mitte Juni 2014 16.06.2014

Nehmen wir auch hier ein Beispiel:

Aus irgendeinem Grund müssen die Perron-Passagen im Untergrund evakuiert werden. Der Zentralen-Führer kann über den Lautsprecher eine Durchsage in die entsprechenden Bereiche machen. Er wird dies wohl kaum tun, wenn unmittelbar ein Zug eingefahren ist und hunderte von Passagieren auf die Perrons strömen.

Anhand der Bilder auf den Monitoren wartet er bis sich nur noch so viele Leute dort aufhalten, dass nicht mit einem Stau bei den Rolltreppen gerechnet werden muss. Nun kann er seine Meldung, "diese Zone sofort zu verlassen“ durchsagen.

Bild
Und zum Schluss (hier im Forum) noch ein Foto aus den 1990er, vom S-Bahnhof dem dieses Thema in meinem Buch damals gewidmet war....


Weiter geht es mit dem Kapitel "Episoden aus Rapporten" und den viel Unterhaltsameren Alltäglichen Wahnsinn oder eben dem Leben eines Bahnhofs im Umbruch....
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(7) Der bewegte HB-Zürich um 1990: Episoden und Rapporte...

#7

Beitrag von ZH-thai-fun »

Weiter geht es mit Buch-Auszügen von "Episoden und Rapporte" und dem viel Unterhaltsameren Alltäglichen Wahnsinn, oder eben dem Leben eines Bahnhofs Umbruch... und dessen Sicherheits-Agenten im Dienst.

Nun ein Beispiel zur Einführung was euch unter "Episoden und Rapporte" in etwa erwartet: Alles wahrheitsgetreue Geschehnisse. Nicht geschönt nicht erfunden nur teilweise etwas gekürzt und gewürzt...

Bild
Ganze zwei Jahre gingen unsere Versuche mit Patrouillen in S-Bahnen. Es war meine Aufgabe, vor allem direkt am Geschehen wie man im Bild vorne sieht, herauszufinden wie dann die offizielle Bahn-Polizei einmal richtig Einzusetzen ist...

Der Finger auf dem Geleise:
Auf einem Perron im Untergrund der S-Bahn gab es einen schweren Unfall mit einem Passanten der vor eine einfahrende Lock stürzte. Unsre Leute machten erste Hilfe, sperrten ab, wiesen die Sanität und die Polizei zum Unfallort.

Später als der Verunfallte abtransportiert war kam von der Kapo die Aufforderung in ÜWZ-Zentrale, auf dem Geleise nach einem abgetrennten Finger zu suchen. Konnte die dies nicht selber? Die Sanitäter hatten im Wagen festgestellt dass ein solcher Finger dem Patienten fehlte.

Ausgerechnet unser Bewacher der kein Blut sehen konnte, entschloss sich (todesmutig gegenüber den anderen Bewachern) nun diesen Finger vom Geleise zu nehmen! Ging damit in einen Laden und verlangte in einem Kübel Eis um den Finger zu kühlen und kam sofort, kreide-weiss aber stolz damit in die Zentrale, stellte den Kübel hin und rannte aus dem Bahnhof, um so zu kotzen das ihn kein Kollege dabei sieht.

Durch unsere nicht immer angenehme Arbeit wurden vor allem junge oder neue Mitarbeiter nach kurzer Zeit unzufrieden. In Folge Übelkeit, Krankheit, unregelmässigen und zu vielen Arbeitsstunden mehrten sich die Ausfälle in der Mannschaft. Diese krankheits- Erscheinung nannte ich das "Bahnhof-Syndroms". Während eines Nachtdienstes verfasste ich mal ein Gedicht darüber und hängte dieses in der Zentrale auf. Ich hoffte damit die angeknacksten Mitarbeiter etwas zu motivieren. Nun noch einige Fall Beispiele:

Der Promille-Reisende:
Ein angetrunkener Reisender mit Weissweinflasche und Glas in der Hand beklagt sich dass die Telefonkabinen auf den Perrons 21/22 und 23/24 verschlossen sind. Dies wurde von der SBB angeordnet weil ein Teil der Drögeler diese als Fixerstübchen und Versäuberungsanstalt benutzten.
Mit dieser Erklärung gibt er sich jedoch nicht zufrieden. Er beschimpft uns, "nur für die Füchse herum zu stehen und ausserdem noch dem Steuerzahler zur Last zu fallen".

Prediger für die Bettler.
Einem Bettler erkläre ich dass sein Gewerbe im Hauptbahnhof nicht geduldet wird. Eine dabeistehende angepumpte Frau nennt mich einen herzlosen Menschen. Ein Sektenprediger in der nähe mischt sich ein und versucht mich zu bekehren. Als ich erkläre dass bei mir ein Zwischenhandel mit dem Herrgott nicht vorgesehen sei endet das Gespräch abrupt.

Das "Puff" im Notausgang:
In einem Notausgang überrasche ich einen Freier der gerade an einer jugendlichen Strich-Fixerin herum zu manipulieren beginnt. Die durch mein unerwartetes auftauchen ausgelöste Flucht und der damit verbundene Tenü-Fez wären noch in der Zeitlupe rasend verlaufen. Danach fühlte ich mich tatsächlich als herzloser Menschen. Jedoch der Gedanke dass ich diesen Mann möglicherweise vor der Syphilis, dem harten oder weichen Schanker oder gar vor einer Ansteckung mit HIV AIDS bewahrt habe, beruhigte mich wieder.

Mannschafts- Episoden.

Als Chef von bis zu 50 Sicherheits-Agenten in solch einem verantwortungsvollem Bereich!? Da gibt es so viele menschliche Probleme in einer Belegschaft zu erahnen und ahnden, dass nur ein dauerndes auf die Leute eingehen und mit ihnen sprechen und für sie da sein, gewisse Rahmen nicht sprengen werden!

Bild
Am Anfang der Bewachung wurden die Leute unserer Sicherheitsfirma im Volksmund „ die schwarzen Männer genannt“. Dass war einer meiner ersten Aufgaben, das Image aufzupolieren...

Nachstehend einige Beispiele die erahnen lassen was das Wort "menscheln" in einer, "harten" Mannschaft mit weichen Kernen, wie unserer heisst.

Respektloser Bewacher:
Ein etwas pummeliger- Bewacher fühlt sich scheinbar eines Tages nachdem er etwa 1 Jahr bei uns ist recht wohl. Er wird von einem etwas älteren Herrn in Militäruniform mit et-welche Kränzen am Militär-Hut angesprochen und gefragt wie es im Bahnhof so geht? Der Bewacher denkt sich wahrscheinlich " was geht das den an" und fragt frech zurück, ob er den "Bahnhofsgärtner" sei und schaut demonstrativ auf die Rang-Kränze am Hut des ihm unbekannten Mannes.

Einen Tag später habe ich einen Rapport im Büro zu beantworten. Unser "höchster" im Bahnhof, der Bahnhofs Inspektor, fragt nach dem Anstand unsrer Bewacher die von ihm ja bezahlt werden!?

Auffällig Unauffällig:
Unsre Bewacher müssen im Auftrag der SBB abwechseln und fast jeden Tag eine Bank im HB beim öffnen und schliessen beobachten. Nun eines Abends macht dies ein Bewacher so auffällig unauffällig, dass er plötzlich von 2 Kripo Beamten aufgebracht wird. Eine Passantin hat nach längerer Beobachtung auf dem Polizeiposten im HB Meldung gemacht, "da steht einer in einem dunklen Eck und schaut dauernd ganz auffällig auf die Bankfiliale, der will sicher einen Überfall machen".

Morgen mehr "menscheln"...
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(8) Der bewegte HB-Zürich um 1990: Buchauszüge des ZH-thai.f

#8

Beitrag von ZH-thai-fun »

Sich selbst gefangen:
An einem Samstagnachmittag bekomme ich auf Natel die Meldung ich müsse sofort in den HB kommen, denn zwei Patrouilleure von uns im Dienst haben sich in einer Passage irgendwo eingeschlossen und der Zentralenführer darf nicht aus der Zentrale um die zu befreien. Erst nach etwa 1stunde können die zwei von mir hinter einem Schaufenster hervor gelassen werden.
Der eine Bewacher wollte dem anderen Neuen, die elektrischen Armaturen hinter diesem Fenster zeigen und bemerkte zu spät dass es nur ein Schloss von aussen gab. Sie standen eine Stunde lang hinter dem Schaufenster das von Werbung komplett überklebt war, konnten aber zum glück über Funk Hilfe anfordern. Der Fall wurde (natürlich) in keinem Rapport erwähnt.

Aber, alles ist Möglich:

Der unheimliche Mitarbeiter und später Taximörder:
In unserer Mannschaft war auch ein mir unheimlicher Mitarbeiter. Nach Gerüchten hatte er schon Söldnerdienste in Fremden Kriegen geleistet. Man war nie sicher ob er trotz verbot doch eine Waffe im Dienst auf sich trug. Nebst unzähligen Problemen einerseits und seinem Waffen-Fimmel anderseits, ist er schon mit einer Handgranate am Hosengurt im Hauptbahnhof auf Dienst-Runden unter die Passanten gegangen!

Er zog die Probleme an wie ein Magnet, ob in der Mannschaft, bei mir oder anderswo! Versuche ihn zu entlassen scheiterten an Warnungen von Dienst-älteren die behaupteten, seine Kenntnisse über Schmiergeld-Affären der GL, Brand im Pfahlbau-Dorf, sowie sein Insider-Wissen allgemein könne dem Betriebsinhaber den Ruf und nochmals ein par Tausender an diesen Mitwisser kosten, hielten mich davon ab.

Ich selbst hatte wie schon gesagt Angst oder besser ausgedrückt, Respekt vor ihm. Sicher wäre aber auch gewesen, dass der mich im Falle einer persönlichen Bedrohung uneingeschränkt beschützt hätte. Was in diesem Mitarbeiter steckte kam später nach der un/endlichen Entlassung durch mich, in der Presse ans Tageslicht. Presse und Polizei wollte nach meinem Gesundheitlichen ausscheiden aus dem SBB und Bewachungsauftrag wissen, wie "mein" ehemaliger Mitarbeiter zum "Zürcher Taximörder" werden konnte?

Der ausgeschlagene Zahn:
Brutal erging es einem Bewacher der nach Feierabend auf dem Heimweg im Bahnhof unverhofft eine Faust ins Gesicht bekam und dabei einen Zahn verlor. Er konnte sich an den Täter nicht mehr erinnern, wusste nur noch dass ihm weitere solche Attentate angedroht wurden und "der" ihn wahrscheinlich gekannt hat. Nach mehreren Tagen Unfall liessen wir den Mann lange nur noch in Begleitung durch den Bahnhof gehen. Der Täter konnte nie ermittelt werden.

Übereifer:
In "Zivil" machte ein Bewacher von uns eine der täglichen Ladenüberwachungen. Plötzlich sieht er da im Laden am Boden Etiketten von Ohrringen liegen. Reaktionsschnell- wie er eigentlich immer war kommt ihm ein Jungen-Mann in den Sinn den er vor einer Minute an diesem Gestell mit Ohrringen gesehen hatte.

Er spurtet los und sieht den Jungen zufällig in der Haupthalle wieder, dieser ihn und los ging die Verfolgung bis weit in die Bahnhofstrasse hinauf gegen den Zürichsee. Dort stellt er den Dieb, nimmt ihm den schlauer-weise montierten Ohrring ab und bringt diesen stolz aber komplett ausser Atem in den Laden zurück. Als der Ladenbesitzer mir dies später erzählte, krümmte er sich vor lachen über den Eifer meines Mannes. Er meinte, wenn sich die Polizei wegen 2 Franken auch so ab wetzen würde, gäbe es in Zürich keine Diebe mehr!

Allein reisender Hund:
Zwei Bewacher sehen schon zum dritten Mal einen streuenden Hund auf den Perrons der S-Bahn im Untergrund und melden dies in die Zentrale. Zur gleichen Zeit kommt ein Anruf in die Zentrale über eben einen solchen Hund der in Dübendorf vermisst wird. Der Halter erklärte ausdrücklich den Hund wenn er gefunden wird in die S-Bahn nach Dübendorf zu setzen und telefonisch die Ankunft des Hundes zu melden,
Denn der Hund sei dies gewöhnt und wisse genau wo und wann er aussteigen müsse!? Skeptisch wird nun der Hund in den nächsten Zug gesetzt. Brav sitzt er bei der Treppe. Die Bewacher sagen Passanten im Zug, wieso der Hund allein reist.

Nicht schlecht staunten die zwei Bewacher als sie den Hund Stunden später wieder am selben Ort im HB sehen? Noch erstaunter sind sie, als die Freundin eines anderen Bewachers dazu kommt und ausruft, da ist ja mein Hund! Wo bist du nur gewesen? Die zwei Bewacher hatten also einen falschen Hund nach Dübendorf geschickt. Dieser ist wahrscheinlich einfach sitzen geblieben und auf dem Rückweg im HB wieder ausgestiegen, denn die Freundin des Bewachers und Halterin des Hundes war ja mit denselben oft im HB.

Aber auch der vermisste Hund ist in Dübendorf wieder gefunden worden.
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#9

Beitrag von ZH-thai-fun »

Die Ausländische TV-Ge¬sellschaft:
Eines Tages im Jahre 1992 überwachte ich eben dieser vorgenannten Mitarbeiter selbst da mir zu Ohren kam, der treibe sich mit dubiosen Fremden im Bahnhof und auf dem danebenliegenden Platzspitz "der Drogenhölle damals" herum.

Und tat¬sächlich sah ich ihn mit einem Fremden auf dem Perron und in einem Bahnhofs-Restaurant reden, anstatt seinen Runden-Dienst zu leisten. Nachdem ich ihn in der folge am Dienst-Ende stellte und ihm mit der Entlassung drohte, erzählte er mir folgende Geschichte: "Ich werde von einem Angestellten einer ausländischen TV-Gesellschaft gedrängt eine bekannte Persönlichkeit aus Zürich, während mehreren Nächten im Nebendienst vor allem auf dem Platzspitz zu observieren."

Mir war sofort klar dass er die Wahrheit sagte, wurde ich doch auch schon von Leuten in ähnlicher weise angegangen. Es gab ja mit der Zeit auch genügend "bekannte" Persönlichkeiten die sich vor allem über Mittag im Platzspitz schnell mit Stoff eindeckten.

Wie also sollte ich mich in dieser heiklen Lage verhalten? Wen konnte ich fragen ob ein Angestellter meiner Mannschaft so etwas im Nebenamt machen durfte? Die Geschäftsleitung wollte ich nicht fragen da ich im vornherein wusste, wenn der Preis stimmt war fast alles erlaubt. Zur Polizei ging ich nicht weil mir die TV-Gesellschaft zu gross und bekannt war. Also entschloss ich mich erst zu entscheiden, wenn ich den Namen der zu observierenden Person kannte.

Nach längerem durchfragen stellte sich heraus dass es sich um einen Professor aus der Umgebung Zürichs handelte der sich hauptsächlich mitten in der Nacht auf dem Platzspitz umher schlich. Der Leser wird sich fragen wie kommt man an solche Informationen ran. "Ganz einfach", ich selbst zog mich wie früher als ich auch schon Informationen für mich zur Mannschafts-Instruktion holte, wie ein Drögeler an und begab mich mitten unter die verschiedenen Gruppierungen im Platzspitz.

Nachdem entschied nun auch ganz allein. Nein, niemals werde ich einen Angestellten unserer Firma solch einen Begleitschutz oder Observation ausführen lassen. Trotzdem bin ich mir laut Gerüchten nicht so ganz sicher ob diese TV-Gesellschaft später doch noch jemanden gefunden hat.

Der Tresorknacker:
Als ich mich damit befasste für den neuen S-Bahn-Auftrag die Mannschafts Anweisungen vorzubereiten, machte ich öfters auf Lokomotiven und S-Bahn Instruktionsfahrten.

Eines Nachmittags in Begleitung eines Oberzugführers, sahen wir durch Zufall wie sich im Postwagen zwei Personen im Tresorraum an einer Schublade zu schaffen machten. Wutentbrannt wetzte der Oberzugführer, OZ genannt, vor mir her und holte die beiden aus dem Tresor-Abteil heraus. Unglaublich Frech gestaltete sich danach das Gespräch. Da wir halb Zivil unterwegs waren, forderten sie uns auf erstmals "unsere Ausweise" zu zeigen.

Von ihrer Absicht in diesem Postbahnwagen, in welchem sie absolut nichts zu suchen hatten etwas abstauben zu wollen war nicht die rede. Nachdem sie uns sogar tätlich angriffen, lieferten wir die beiden kurzerhand auf dem Polizeiposten Brugg ab. Als die Polizei die zwei nach den Namen fragte, nannte der eine stinkfrech meinen Namen, den er auf meinem Ausweis gesehen haben muss. Wir schilderten den Tathergang. Der OZ wusste von einer gleichen Tat die vor 3 Wochen bei der 70.000-franken aus eben einem solchen Tresor-Wagen verschwunden sind.

Der OZ (Oberzugführer) und ich glaubten die beiden nie mehr zu sehen! Dies erwies sich mehrere Tage später als falsch. Ob Zufall oder nicht, noch mehrere male kreuzten sich unsere Wege im Bahnhof wieder. Unter Verwendung meines Namens wurde mir jedes Mal Rache geschworen und mit Mord gedroht. Damit fertig zu werden war und blieb "meine Sache". Es wiederholte sich einige male dass wir Bewacher, von Personen die Leute unserer Mannschaft auf den Polizei-Posten gebracht hatten, schon nach kurzer Zeit erneut bedroht wurden. "Nicht hafterstehungsfähig" hiess es oft, wegen AIDS oder Drogen-Ekzemen oder sonstigem unmöglichen diese zu Aburteilen. :-ss
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Beitrag von ZH-thai-fun »

Anerkennungen:
Für alle Männer die in der Neujahrsnacht arbeiten mussten, bestellte ich eine Aufschnitt-Platte und alkoholfreien Schampus. Dazu bestellte ich für die anderen Bewacher die in den nächsten Tagen arbeiten mussten auch noch ein wenig Gebäck. Am Neujahrstag bevor ich in die Zentral konnte nahm mich ein SBB-Beamte auf die Seite und fragte mich, "ob ich den normal sei, es könne doch nicht gut sein die Zentrale mit so viel Esswaren zu überfüllen"?!

Erstaunt über diese frage ging ich nun zur Zentrale und mich traf selbst fast der schlag als ich in die ÜW-Zentrale rein kam. Von überall her aus den Läden des HB des Shop-Ville und von der SBB wurden uns Geschenke in Form von Esswaren, Getränke und vielem mehr in die zu kleine ÜWZ-Zentrale gebracht. Von einem 100.- Franken Früchtekorb bis zum Sack mit 5 Sektflaschen war alles da.
Auf die Frage des SBB-Beamten gab der gerade anwesende Zentralenführer an, dies sei alles von (MG). Weil er erst in der Zentrale den Dienst anfing, konnte er ja nicht wissen woher überall noch Geschenke dazu kamen.

Der untergeordnete Chef:
Ebenfalls aufs Neujahr 92/93 wurde ich zum ersten Mal an den Neujahrs-Appero von der SBB-Direktion persönlich eingeladen. Viele neue Gesichter, alles hohe Tiere, Weibel und Konsorten. Ich erschien da in Uniform während meiner Dienstzeit, denn so konnte die GL diese 2-3 Stunden auch noch der SBB verrechnen!

Mein Rücken wurde immer gerader, durch vielen Komplimenten die ich zum teil von mir bisher unbekannten Herren und Damen namentlich zur Arbeit und dem Ruf der Bewachungsmannschaft im HB überbracht bekam.

Als ich 2 Tage später dem Betriebsinhaber von dieser Einladung und den Komplimenten erzählen wollte, wurde mein Rücken geradezu wider krumm von dem Anschiss den ich bekam weil ich die SBB nicht veranlasste auch den Betriebsinhaber einzuladen. Die ganze Inhaber-Familie benahm sich später ranzig gegen mich. Ich selbst aber konnte schon ahnen warum man diese Seite der Firma nicht eingeladen hatte.

Der Messerstecher:
In diesem Fall mussten zwei Bewacher auf den Notruf eines Bahnhof-Cafés hin, einen jungen Alkoholiker welcher mit einem Schmetterlingsmesser herum-tobte aus dem Lokal holen. Er verletzte eine Serviertochter mit dem Messer an der Hand. Man brachte ihn auf den Kapo-Posten. Zwanzig Minuten später stand derselbe Typ mit zwei Kollegen aus dem Pennerkreis des alten Shop-Ville, vor unserer Überwachungs-Zentrale. Sie verlangten nach den beiden Wächter welche den Messerhelden auf den Polizei-Posten gebracht hatten. Das schlimme an der ganzen Sache, der Mann fuchtelte noch immer mit demselben Messer herum.

Gleich dreimal musste ich diesen Typ am selben Tag aus dem Bahnhof befördern.
Auf den Kapo-Posten konnte man ihn ja nicht mehr bringen. "Nicht haftfähig hiess es genervt auf dem Posten, AIDS"?

Derartige Probleme gehören zu denjenigen die man als Chef irgendwie selber lösen musste. Persönliche Bedrohungen an Leute unserer Mannschaft gab es mehr als der normal-Bürger annimmt. Es ist eines dieser Merkmale die einen Bewacher mit der Zeit zeichnen und ihn auch öfters gehässiger erscheinen lassen als er wirklich ist. Nicht zuletzt die Tatsache dass Passanten meist die Partei des "Schwächeren" ergreifen und aus Mitleid die Bewacher verbal angehen und diese dadurch an ihrer Aufgabe hindern. Dies schafft eine Kluft die unbewusst eine äusserlich Gereizt und Gehetztheit bei den meisten Bewachern erscheinen lässt.
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